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Eigentlich war ich auf der Suche nach einem Mercedes-Benz Youngtimer, vielleicht ein /8 oder eine Generation jünger. Also durchforstete ich das Internet auf der Suche zu meinem neuen Auto.
Doch dann kam die Heckflosse. Ihr Design-Stiel der 50/60er Jahre gefiel mir so gut, dass ich gezielt weiter zu suchen begann. Gleich in der Nähe von Stuttgart gab es ein Inserat, allerdings ein Diesel. Anfangs wollte ich eher einen größeren Benzinmotor, aber nach ein paar Tagen Überlegung entschied ich mich doch für den Diesel. Die Benziner "schlucken" einfach zu viel, da schmerzt der Geldbeutel bei jedem Tnkstellenbesuch. Der Diesel hingegen ist zwar ziemlich untermotorisiert, aber darauf kommt es beim Oldtimer Fahren nicht an.
Der Spritverbrauch hingegen bleibt bei ca. 8 ltr/100km im vertretbaren Bereich, auch wenn dass Diesel nicht in Leistung sondern in "Briketts" umgesetzt wird.
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Ich besuchte also den Verkäufer und war zunächst sehr skeptisch. Die Flosse stand in einer alten dunklen Scheune und war auf dem ersten Blick auch ganz in Ordnung. In Foren hatte ich gelesen, auf was man so achtgeben sollte. Der Rost hielt sich in Grenzen und die Probefahrt war verlief gut.
Die Lackfarbe traf nicht ganz mein Geschmack, war aber noch größtenteils der Originallack und das grau fuhr man halt in den 60ern. Das Fahrzeug war vor der Modellpflege aufgebaut worden, was man am offensichtlichsten an den auf den Kotflügeln befindlichen Blinkern erkennen kann.
Immerhin war das Fahrzeug nicht verbastelt oder schlecht instand gesetzt worden, was sehr wichtig ist. Für den Rest wird es schon eine Lösung geben.
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Kurzentschlossen kaufte ich das Fahrzeug.
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Die ersten Fahrten zeigten dann aber schnell, dass der Motor seine besten Tage hinter sich hatte und keine beschriebenen 120000km (die km-Anzeige ist nur 5-stellig), sondern das doppelte oder noch mehr ertragen musste. Er trank förmlich das Öl, bis zu 4-5 ltr/1000km. Die sehr aufwendige Erneuerung der Ventilschaftdichtungen mit der Hilfe eines Kollegen brachte auch nicht die erhoffte Verbesserung. Glücklicherweise verkaufte ein weiterer Kollege einen alten Ersatzmotor, den ich dann erwarb.
Nur alleine einen kompletten Motor umbauen (denn der Ersatzmotor war zwar prinzipiell baugleich, aber für einen MB Transporter O/LM319) und in die Flosse einbauen, das traute ich mich nicht ganz. Vor allem nicht ohne weiteres Werkzeug und Hebebühne. Die Lösung fand sich in einem KFZ-Meister, der nicht hauptberuflich sondern abends und/oder am WE arbeitet und bei dem ich komplett mitarbeiten konnte. Er hat schon so manchem Oldtimer auf die Beine geholfen. Drei lange Abende später war es vollbracht und es blieb im bezahlbarem Maße.
Ich war erleichtert.
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Zwei Wochen später wollte ich mit meiner Freundin nach Frankreich in den Sommerurlaub fahren. An die 1100km standen an. Ich wollte natürlich gleich den Motor einfahren, sie war begeistert! Letztlich konnte ich sie überzeugen, dass der neue Motor die Strecke ohne weitere Probleme durchstehen werde, er sei ja nahezu komplett neu. Aber sie wusste auch, wer ihn mit eingebaut hatte :-).
Wir fuhren also gut gelaunt los...; 200km nach der französischen Grenze fing er das Mucken an. Leistungsverlust und etwas blau/weißer Rauch waren die Anzeichen. Nach einem Halt und dem Versuch mittels Abschrauben des Nockenwellendeckels den Grund zu finden, scheiterten. Also quälten wir uns weiter. Es wurde später und später und es kamen Gebirge mit sehr steilen Anstiegen. Bei einem Anstieg, ich glaube es ist das Gebirge aus dem "Volvic" entspringt, sang die Geschwindigkeit kurzfristig auf 40km. Es war fast kein Auto auf der Autobahn, ansonsten hätten wir die Fahrt unterbrechen müssen. Schließlich erreichten wir nach Mitternacht unser Ziel, geplant war so gegen 19:00 Uhr anzukommen. So stellten wir uns nicht den Beginn des Urlaubs vor.
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Glücklicherweise hatte ich Werkzeug mitgenommen und fand auch nach ein paar Tagen den Grund. Die Hutmutter des Einlassventiles des ersten Zylinders, auf die der Umlenkhebel der Nockenwelle drückt, hatte keinen "Hut" mehr. Wie kann das passieren? Materialermüdung der Hutmutter bzw. wahrscheinlich Lunker im Material. Wer rechnet denn mit so was? Die arme Flosse musste also auf 3 Töpfen fahren, der 4te hatte keine Selbstzündung mehr und das Diesel verqualmte im heißen Abgas. Eine neue Hutmutter wurde (mit Händen und Füßen, da die Franzosen sich weigern einen englischen Satz zu formulieren) bei einem Mercedes-Benz Händler geordert und 3 Tage später eingebaut und er lief wieder. Eine Fühlerlehre konnte bei einem Rasenmäherhändler gekauft werden.
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So wurde der Urlaub fortgesetzt werden und es konnte sogar noch ein Ausflug an den Atlantik zum Cap Ferret erfolgen (weitere 250km). Mit funktionierendem Motor machte dann das Oldtimer cruisen dann auch wieder Spaß, auch wenn es ohne Klimaanlage im Hochsommer sehr heiß werden kann.
Der Rückweg verlief ohne größere Probleme, bis auf die Lichtmaschine, die kurz vor dem Zuhause meinte, sie müsse nicht mehr laden. Leider habe ich das immer noch nicht abschließend reparieren können. So bleibt halt immer was zu tun, aber das Motto muss sein "Der Weg ist das Ziel" und das "Schrauben" gehört zu einem Oldtimer dazu.
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Technische Daten:
Daimler-Benz AG
Modell: Mercedes-Benz 190DC Baureihe W110 (genannt kleine Heckflosse)
Hubraum 1974cm³, Leistung 40kW (54PS) bei 4200Umdrehungen
Höchstgeschwindigkeit 125km/h (fährt bis zu 140km/h)
Länge 4730mm, Breite 1795mm, Höhe 1495mm
Leergewicht 1300kg, zulässiges Gesamtgewicht: 1800kg
Standgeräusch 79dBA, Fahrgeräusch 80 dBA
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Restaurationstipps:
Reifen:
So ein Oldtimer braucht Weißwandreifen. Die sind in der Regel sehr teuer. Bisher war ein Diagonalreifen der Größe 7.00-13 (auch zugelassen sind: 6.40-SR13 sowie 175R13 84S) aufgezogen. Diese Reifen lassen sich nur recht schwer beziehen und haben teilweise noch einen Schlauch. Die Originalfelgen haben die Bezeichnung 5JKx13B und sind auch für schlauchlosen Betrieb geeignet.
Ich hab mir nun folgende bezahlbare Reifen aufziehen lassen und bin mit diesen zufrieden. Es sind Ganzjahres- Radialreifen der Fa. Maxxis MA1 mit der Größe 185 80 R13 90S 17mm von Reifen Bürkle in Gammertingen (Schwäbische Alb). Der TÜV hat sie abgenommen und eingetragen.
Einziger Nachteil: Die Weißwand verschmutzt sehr leicht. Als Reiniger empfahl man mir auf einer Messe den Sonax Feck- und Klebstoffentferner. Damit geht der Dreck wunderbar ab; ich bin mal gespannt, ob es die Reifen angreifen wird.
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Ersatzteile:
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Anbei noch ein paar Bilder von meiner Heckflosse. Drauf klicken und Durchblättern.